BGH - I ZB 36/93 - Beschl. v. 14.03.96

- Bundespatentgericht -

"Blendax Pep"


Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr i.S.d. § 9 I Nr. 2 MarkenG wird - entsprechend zu BGH GRUR 1977, 218 - (MERCOL) - daran festgehalten, daß bei zusammengesetzten Zeichen in Einzelfällen in der Sicht des Verkehrs die Angabe des Herstellernamens in seiner Bedeutung als Produktbezeichnung nicht sonderlich ins Gewicht fällt und sonach dem anderen Zeichenbestandteil eine den Gesamteindruck der Marke prägende Kraft zukommen kann.

Aus den Gründen:

...

I. Gegen die Eintragung des Zeichens der Anmelderin, der Firma Blendax GmbH, "Blendax Pep" u.a. für "pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege" hat die Inhaberin des prioritätsälteren Zeichens ... "PEP", das u.a. für "Seifen" eingetragen ist, Widerspruch erhoben.

Die Prüfungsstelle für Klasse 5 Wz des Deutschen Patentamts hat die Zeichenübereinstimmung verneint. Das Bundespatentgericht hat die Übereinstimmung der beiden Zeichen angenommen und die Eintragung des Zeichens der Anmelderin für die eingangs genannten Waren versagt ( BPatG BlPMZ 1994, 186).

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde.

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

II.

Das Bundespatentgericht hat ausgeführt, die Ware des Widerspruchszeichens "Seifen" sei mit den Waren des angemeldeten Zeichens, soweit dies "pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege" seien, gleichartig. Die gegenüberstehenden Zeichen seien auch miteinander verwechselbar. Sie höben sich in ihrer Wortwirkung insgesamt als ein bzw. zwei Wortzeichen zwar eindeutig voneinander ab; die beiden Zeichen seien dennoch verwechselbar, weil die Anmelderin das Widerspruchszeichen identisch übernommen und diesem lediglich ihr Firmenschlagwort vorangestellt habe. Bestehe das jüngere Zeichen aus mehreren Bestandteilen, von denen nur einer in verwechslungsfähiger Weise mit dem älteren Widerspruchszeichen übereinstimme, so könne nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dem Gesamteindruck nach Verwechslungsgefahr bestehen, wenn der übereinstimmende Bestandteil im Gesamtzeichen eine selbständige und kennzeichnende Stellung behalten habe und nicht derart untergegangen sei, daß er im Gesamtzeichen aufgehört habe, für den Verkehr die Erinnerung an das ältere Zeichen wachzurufen. Die Verwechslungsgefahr hänge in solchen Fällen davon ab, ob und wie weit dem verwechslungsfähigen Bestandteil innerhalb der Gesamtbezeichnung eine selbständige, ihren Gesamteindruck allein oder doch überwiegend bestimmende Rolle zukomme; andererseits werde sie maßgeblich vom Grad der Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens bestimmt, da es von diesem abhänge, in welchem Maße der Verkehr durch den ähnlichen Bestandteil in einer Gesamtkennzeichnung noch an das ältere Zeichen erinnert werde. Bei Anwendung dieser Grundsätze sei die Zeichenübereinstimmung zu bejahen. Die Kennzeichnungskraft des Widerspruchszeichens möge zwar nicht besonders hoch sein, weil das Wort "Pep" in der Bedeutung von "Schwung, Elan" Eingang in die deutsche Sprache gefunden habe. Andererseits sei aber nicht ersichtlich, daß dieses Wort in den genannten Bedeutungen auf dem hier fraglichen Warengebiet der "medizinischen Seifen" des Widerspruchszeichens zur Beschreibung dieser Waren ernstlich in Betracht komme. Zwar nehme das Wort "Pep" in Anmeldezeichen wegen seiner Kürze und seiner Stellung hinter dem Wort "Blendax" keinen das Gesamtzeichen beherrschenden Charakter ein. Es lasse sich auch nicht feststellen, daß es das angemeldete Zeichen präge oder entscheidend mitbestimme, was an sich Voraussetzung für die Begründung der Verwechslungsgefahr sei. Die Besonderheit des Falles bestehe jedoch darin, daß der andere Bestandteil des angemeldeten Zeichens das Firmenschlagwort der Anmelderin sei. In Fällen dieser Art sei in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes anerkannt, daß eine bloße Herstellerangabe weitgehend in den Hintergrund trete, weil der Verkehr meist nicht nach dem Namen des Herstellers unterscheide, sondern seine Aufmerksamkeit auf die sonstigen hervortretenden Merkmale zeichenmäßiger Kennzeichnung richte. Es sei zudem nicht hinzunehmen, daß ein Anmelder das eingetragene Warenzeichen eines Widersprechenden sich durch bloße Voranstellung seines Firmennamens in sonst identischer Form aneigne.

III.

Die Beurteilung des Bundespatentgerichts hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand. Der Eintragung des gem. § 5 II WZG bekanntgemachten Zeichens der Anmelderin steht der nunmehr gem. § 158 II S. 2 MarkenG nach § 42 II Nr. 1 MarkenG zu beurteilende Widerspruchsgrund der Verwechslungsgefahr i.S.d. § 9 I Nr. 2 MarkenG mit dem älteren Zeichen der Widersprechenden entgegen.

1. Der Senat hat bei seiner Entscheidung von der Ähnlichkeit der Waren des angemeldeten Zeichens im angegriffenen Umfang "pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege" mit der Ware "Seife" des Widerspruchszeichens auszugehen. Das Bundespatentgericht hat die Gleichartigkeit dieser Waren festgestellt. Dagegen wendet sich die Rechtsbeschwerde nicht. Das Rechtsbeschwerdegericht ist demnach an die hierzu getroffenen Feststellungen nach bisherigem (§ 13 V WZG i.V.m. § 107 II PatG) wie nach neuem Recht (§ 89 II MarkenG) gebunden. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß der in Umsetzung der Markenrechtsrichtlinie vom 21.12.1988 neu geschaffene Begriff der Ähnlichkeit der Waren ( BGH, Urt. v. 15.12.1994 - I ZR 121/92, GRUR 1995, 216, 217 - Oxygenol II ) aus Rechtsgründen im vorliegenden Fall eine andere (einschränkende) Beurteilung geböte. Die Rechtsbeschwerde hat solche in ihrem Vortrag in der mündlichen Verhandlung auch nicht aufgezeigt.

2. Im Ergebnis ohne Erfolg wendet sich die Rechtsbeschwerde gegen die Beurteilung des Bundespatentgerichts, die beiden Zeichen "Blendax Pep" und "Pep" seien miteinander verwechselbar.

a) Das Bundespatentgericht ist bei seiner Betrachtung von dem das Kennzeichenrecht beherrschenden und vom Senat wiederholt betonten Grundsatz ausgegangen, daß zur Beurteilung der zeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr der beiden gegenüberstehenden Bezeichnungen auf den Gesamteindruck des jeweiligen Zeichens abzustellen ist ( BGH, Beschl. v. 29.06.1995 - I ZB 22/93, GRUR 1996, 198, 199 - Springende Raubkatze; BGH, Beschl. v. 25.10.1995 I - ZB 33/93, GRUR 1996, 200, 201 - Innovadiclophlont ). Dieser Rechtssatz gilt im Grundsatz gleichermaßen und unabhängig davon, ob sich mehrgliedrige Wort- oder Wort-/Bildzeichen gegenüberstehen oder ob ein mehrgliedriges Zeichen mit einem Zeichen aus nur einem Bestandteil zu vergleichen ist und welches der beiden Vergleichszeichen prioritätsälter ist ( BGH - Springende Raubkatze, a.a.O ). Nur aufgrund des Gesamteindrucks der jeweiligen Bezeichnung kann die Verwechslungsgefahr der beiden gegenüberstehenden Kennzeichen beurteilt werden. An diesem Grundsatz hat sich durch die Umsetzung der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21.12.1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken durch das Markengesetz nichts geändert. Dieser Grundsatz schließt die Erkenntnis ein, daß einem einzelnen Bestandteil eines Zeichens eine besondere, das Gesamtzeichen prägende Kennzeichnungskraft beigemessen werden kann und deshalb bei einer Übereinstimmung einer Bezeichnung mit dem so geprägten Zeichen die Verwechslungsgefahr zu bejahen ist.

b) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hält sich die angefochtene Entscheidung im Rahmen dieser Grundsätze.

Wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung zutreffend ausführt, scheinen die Entscheidungsgründe des Bundespatentgerichts an einem inneren Widerspruch zu leiden, wenn darin zunächst ausgeführt wird, es lasse sich nicht feststellen, daß das Wort "Pep" das angemeldete Zeichen "Blendax Pep" präge oder entscheidend mitbestimme. Wie sich indessen aus dem Zusammenhang der folgenden Entscheidungsgründe ergibt, hat das Bundespatentgericht lediglich zum Ausdruck gebracht, daß bei einer allein auf die Tatsache der Kombination der beiden Bezeichnungen "Blendax" und "Pep" gerichteten Betrachtung dem letztgenannten Begriff als Zeichenbestandteil keine das Gesamtzeichen prägende Bedeutung zuerkannt werden kann. Auf eine dahingehende, eher als formal zu bezeichnende Betrachtungsweise der Bedeutung eines Zeichenbestandteils innerhalb einer Gesamtbezeichnung beschränkt sich die rechtliche Beurteilung der Bedeutung eines Bestandteils in einem Gesamtzeichen indessen nicht.

So hat der Bundesgerichtshof in seiner vom Bundespatentgericht angeführten Rechtsprechung keinen Zweifel daran gelassen, daß einem Zeichenbestandteil schon deshalb eine den Gesamteindruck prägende Kraft zukommen kann, weil der andere Bestandteil in der Sicht des Verkehrs in seiner Bedeutung als Produktbezeichnung nicht sonderlich ins Gewicht fällt. Fälle solcher Art hatte der Bundesgerichtshof insbesondere bei der Verwendung eines vom Verkehr erkennbaren Namens oder Firmenbestandteils im Warenzeichen für gegeben erachtet. Eine bloße Herstellerangabe tritt im allgemeinen weitgehend in den Hintergrund, weil der Verkehr die Waren meist nicht nach dem Namen des Herstellers unterscheidet, sondern seine Aufmerksamkeit auf die sonstigen Merkmale zeichenmäßiger Kennzeichnung richtet ( BGH, Urt. v. 30.10.1953 - I ZR 147/52, GRUR 1954, 123, 124 - NSU-Fox; BGH, Urt. v. 29.10.1957 - I ZR 108/56, GRUR 1958, 604, 605 - Wella-Perla; BGH, Urt. v. 20.10.1972 - I ZR 147/71, GRUR 1973, 314, 315 - Gentry; BGH, Beschl. v. 03.12.1976 - I ZB 4/75, GRUR 1977, 218, 219 - MERCOL; BGH, Beschl. v. 01.12.1988 - I ZB 5/87, GRUR 1989, 264, 265 - REYNOLDS R 1/EREINTZ; BGH, Beschl. v. 14.12.1988 - I ZB 6/87, GRUR 1989, 349 f. - ROTH-HÄNDLE-KENTUCKY/Cenduggy ).

In solchen Fällen geht es nicht darum, wie den Entscheidungsgründen des Bundespatentgerichts entnommen werden könnte ( BPatG GRUR 1993, 48, 50; Eisenführ, Festschrift für Vieregge [1995], S. 173, 191 f. ), ob die Herstellerangabe als Zeichenbestandteil abzuspalten oder dem anderen Zeichenbestandteil ein Elementeschutz zuzubilligen sei. Es geht vielmehr allein darum, ob im Einzelfall der Angabe des Namens des Herstellers in einem zusammengesetzten Zeichen eine den Gesamteindruck des Zeichens bestimmende Kraft nicht und damit eine solche dem anderen Bestandteil als Produktbezeichnung um so mehr zukommt. Es handelt sich dabei auch insoweit um die Beurteilung der Bezeichnung als einheitliches Ganzes - sei es in ihrer eingetragenen, angemeldeten oder benutzten Form -, die jedoch in ihrem maßgeblichen Gesamteindruck allein oder jedenfalls wesentlich durch einen Zeichenbestandteil bestimmt wird ( BGH - MERCOL, a.a.O. ).

Verfehlt wäre es indessen, von einem Regelsatz auszugehen, wonach einer Herstellerangabe als Bezeichnungsbestandteil eine prägende Kraft für das Gesamtzeichen abzusprechen sei. Es ist vielmehr der Beurteilung des Einzelfalls vorbehalten, ob in der Sicht des Verkehrs die Herstellerangabe im Gesamtzeichen in den Hintergrund tritt oder nicht. So kann beispielsweise die Art der Zeichengestaltung und -verwendung der Herkunftsbezeichnung als Zeichenbestandteil, insbesondere neben einem nur schwach kennzeichnenden Bestandteil, die Vorstellung des Verkehrs bestimmen, die Herstellerangabe werde als eine zusätzliche Unterscheidungshilfe in einer für das Gesamtzeichen prägenden Art eingesetzt ( BGH - REYNOLDS R 1/EREINTZ, a.a.O.; BGH - ROTH-HÄNDLE-KENTUCKY/Cenduggy, a.a.O.; BGH, Beschl. v. heutigen Tage - I ZB 37/93 - JUWEL ). Zudem ist die Beurteilung, wie die Bedeutung der Herstellerangabe in einem Zeichen für den Gesamteindruck des Zeichens zu werten ist, davon abhängig, ob die Herstellerangabe als solche dem Verkehr bekannt ist oder nicht. Grundsätzlich liegt nämlich nur bei der Verwendung von Namen bekannter Produktionsunternehmen für den Verkehr die Annahme nahe, das Unternehmen verwende die bekannte Herstellerangabe zusammen mit zahlreichen produktbezogenen Sortennamen, weshalb dem anderen Zeichenbestandteil eine das Gesamtzeichen prägende, ein bestimmtes Produkt des Unternehmens kennzeichnende Bedeutung zukomme ( BGH, Beschl. v. 03.12.1976 - I ZB 4/75, GRUR 1977, 218, 219 - MERCOL; BGH, Beschl. v. 25.10.1995 - I ZB 33/93, GRUR 1996, 200, 202 - Innovadiclophlont ).

c) Es ist aus Verfahrensgründen nicht zu beanstanden, daß das Bundespatentgericht der Herstellerangabe "Blendax" im Streitfall eine den Gesamteindruck des Zeichens bestimmende Bedeutung nicht zugemessen hat. Die Rüge, das Bundespatentgericht habe verfahrensfehlerhaft außer acht gelassen, daß dem Verkehr der Name "Blendax" nicht nur als Herstellername, sondern auch als Warenzeichen bekannt sei, ist nicht begründet. Die Bekanntheit des Herstellernamens und dessen in der Sicht des Verkehrs relativierte Bedeutung als prägendes Unterscheidungsmerkmal eines Gesamtzeichens wird nämlich nicht dadurch in Frage gestellt, daß der Herstellername wiederholt zur Bildung von Gesamtzeichen herangezogen wird.

Copyright © 2002 Michael Horak